Berufsorientierungs-Reportagen
Einleitung
Oft bewegen wir uns bei einer Neuorientierung aus einem bekannten Berufsfeld heraus ins Unbekannte. Einen guten Schritt weiter sind wir, wenn es uns gelingt, unser Interessenfeld als Thema einigermaßen einzugrenzen, so viele Informationen wie möglich über dieses Feld zu sammeln und erste Kontakte zu knüpfen.
Dafür eignet sich das Format „Reportage“ sehr gut. Stell dir vor, du bist JournalistIn und hast vor, einen Artikel über ein bestimmtes Berufsfeld zu schreiben. In der Journallistenrolle ist es leichter, Menschen anzusprechen, um mit ihnen ein Gespräch (einen Interview-Termin) auszumachen. Die Journallistenrolle hilft dir, die richtigen Fragen zu stellen und dir einen echten Überblick über ein bestimmtes Berufsfeld zu erarbeiten. Auch wenn du dich am Ende nicht getraust, als JournalistIn aufzutreten, können einzelne Schritte dieser Übung hilfreich für deine Berufsorientierung sein.
Anleitung
Formuliere die richtigen Fragen
Um mit einer Recherche zu beginnen, musst du klare Fragen formulieren können. Am besten verdeutlichen wir das mit einem Beispiel: Ein Psychologe, kurz nach dem Studium und bisher ohne Berufserfahrung, hat herausgefunden, dass er fasziniert ist vom Theater und von Rollenspielen. Er weiß außerdem, dass ihn das Berufsfeld „Training“ anspricht und dass er gerne mit Gruppen arbeiten möchte.
Seine Fragen lauten daher:
- Wo werden theatergestützte Methoden in der Erwachsenenbildung eingesetzt?
- Welche Firmen und Organisationen bieten solche Trainings an?
- In welchen Feldern (Management-Training, Verkaufstraining, Persönlichkeitsentwicklung usw.) werden sie eingesetzt?
- Welche Qualifikationen haben die Menschen, die in diesem Feld arbeiten?
- Wie sind sie zu diesen Tätigkeiten gekommen?
Mache Interviews
Sobald du die Fragen geklärt hast, kannst du dich ans Recherchieren machen. Der erste Schritt darf ruhig eine Internetrecherche sein. Sinnvoll ist die Suche nach Fachzeitschriften, die den Bereich abdecken, der dich interessiert. Ich bin immer wieder überrascht, für welche ausgefallenen Arbeitsfelder und Interessengebiete es eigene Fachzeitschriften oder zumindest Internetforen gibt.
In einem zweiten Schritt solltest du jedoch unbedingt den Mut haben, persönliche Gespräche zu führen. Das braucht erst einmal Überwindung, lohnt sich aber auf jeden Fall. Die ersten Interviews kannst du telefonisch führen. Dabei geht es darum, das Feld einigermaßen in den Griff zu bekommen und herauszufinden, wo die Menschen zu finden sind, wo es sich lohnt, längere Gespräche zu führen. Ruf einfach als erstes bei einer Person, einem Verband oder einer Organisation an, bei der du vermutest, dass du dort eventuell erste Antworten auf deine Fragen bekommst. Verbände und Vereine sind dafür dankbare Anlaufstellen, da du dort meist auf gut informierte und auskunftsfreudige SachbearbeiterInnen triffst. Nach einigen Telefonaten fühlst du dich schon ein wenig sicherer in diesem für dich neuen Feld und kannst dich daranmachen, die eine oder andere Schlüsselfigur in der jeweiligen Szene zu kontaktieren. Nach meiner Erfahrung wird man meistens einen Termin von 30–60 Minuten für ein Interview bekommen, wenn man höflich und klar darum bittet und echtes Interesse und Begeisterung für das Thema zeigt, das der interviewten Person am Herzen liegt.
Schreibe eine Reportage
Mit den Informationen aus den Recherchen und Interviews kannst du eine Reportage verfassen. Schick den Text auch an alle InterviewpartnerInnen mit der Bitte um Feedback. Du rufst dich damit nochmal in Erinnerung und kannst, falls das nicht schon in den Interviews passiert ist, erwähnen, dass dich das von dir recherchierte Berufsfeld auch ganz persönlich als Arbeitsfeld interessiert. Außerdem bietet das die Gelegenheit, dich zu bedanken.
Auswertung
Die Erfahrungen und Kontakte, die du während deiner Reportage gewonnen hast, kannst du jetzt für dich auswerten:
- Was genau hat mir an diesem Berufsbild gefallen?
- Welche Tätigkeiten, Bereiche und Stellenprofile in diesem Feld würden meinen Neigungen und Fähigkeiten, meinen Werten und Vorlieben entsprechen?
- Welche InterviewpartnerInnen waren mir besonders sympathisch und warum?
- Welche Kontakte sollte / möchte ich weiter pflegen, um meine Chancen zu erhöhen, zu einer Arbeitsstelle in diesem Bereich zu kommen?
Tipp
Du kannst deinen Text bei uns auf laufbahnberatung.org veröffentlichen. Du stellst dir also nicht nur vor, eine Journalistin/ein Journalist zu sein, sondern bist es tatsächlich. Du arbeitest sozusagen freiberuflich für ein Laufbahn-Portal.
Wenn du in professionellen sozialen Netzwerken wie z.B. Linkedin unterwegs bist, macht es Sinn den Text auch auf deinem eigenen Profil zu veröffentlichen.
Hinweis
Oft berichten Menschen, die sich dazu überwinden, solche Reportagen zu machen, erstaunliches. Nicht selten spricht sie schon während den Interviews der eine oder andere Interviewpartner auf Arbeits- oder Praktikumsmöglichkeiten in seinem Bereich an.
Buchtipp
Dieser Text ist dem Buch „Tu, was du wirklich, wirklich willst – Der Lifedesign-Workshop zur Berufsnavigation“ entnommen.