Seit dem letzten Rundbrief ist über ein Jahr vergangen. Geplant war er auf März – dann kam Corona… Im gleichen Masse, wie sich die öffentliche Diskussion überschlug, füllte sich meine Mailbox mit Newslettern. Die Produktion von Analysen und Zukunftsprognosen wuchs schneller als die Infektionszahlen. Aber auch Tipps, Lebensweisheiten und neu entwickelte Online-Angebote suchten eifrig Rezipienten.

Der erzwungene Rückzug in den Lockdown hat mich eher sprachlos und nachdenklich gemacht und so wollte ich mich im Frühjahr nicht an der Verbreitung von Rezepten für Bewältigungs­strategien beteiligen.

Die herbstliche zweite Welle kam mir dann nicht einmal ungelegen. Ich musste nach einer Ellbogen-OP für zwei Monate eine Schiene tragen und war froh, viel vom Home-Office aus arbeiten zu können.

Über das Jahr hat sich natürlich trotzdem einiges angesammelt, was den Versand eines Rundbriefes rechtfertigt: Die Erfahrung von mir und meinen KlientInnen, wie schwierig es selbst mitten im Lockdown ist, tatsächlich «in die Ruhe» zu kommen, die Frage, ob sich die Risikobereitschaft der ArbeitnehmerInnen in diesem Jahr verändert hat, meine Auseinandersetzung mit dem WORKNAVIGATOR und zuletzt auch noch ein Wunsch ans Christkind.

Viel Spaß beim Lesen
Thomas Diener

Inhalt

  • Warum «Nicht-Tun» manchmal eine gute Strategie ist
    «Nicht-Tun» und «nichts Tun» ist nicht das Gleiche
  • Machen uns Krisen mutiger oder lassen sie uns zaudern?
    Coachingerfahrungen in Zeiten von Corona
  • Warum Tests in der Laufbahnberatung überschätzt werden
    Drei Gründe für ein prozessorientiertes Vorgehen
  • Mein ganz persönlicher Weihnachtswunsch
    Wie Wünsche ans Universum auf fruchtbaren Boden fallen

Warum «Nicht-Tun» manchmal eine gute Strategie ist

Nicht-Tun und nichts Tun ist nicht das Gleiche

Wir können die gesamte Wirtschaft für ein paar Wochen runterfahren. Wie schwer es jedoch selbst mitten im Lockdown ist, tatsächlich «in die Ruhe» zu kommen, haben viele von uns in diesem Jahr erfahren.

Persönlich «runterfahren» und «zur Ruhe kommen» oft ein wichtiger erster Schritt in einem Veränderungsprozess. Im Buch «Die Alchemie der Berufsnavigation» habe ich diesem Schritt viel Raum gegeben und ihn mit der ersten Phase des alchemistischen Prozesses verglichen.

In der Praxis hört es sich zum Beispiel so an: «Ich habe das Gefühl, etwas in meinem Leben funktioniert nicht mehr und ich merke, dass es mit meinem Beruf und mit meinem Leben so nicht weitergehen kann. Mein Ziel wäre es, Klarheit zu bekommen, was ich außer dem Beruf, den ich gelernt habe, sonst noch tun könnte.»

Der Blick in die Zukunft scheint verstellt. Einzig ein dumpfes Gefühl, dass es so nicht weitergehen kann, zeigt, dass ungewohnte Dinge vorgehen. Oft wird dieser Zustand als Schwere, Unentschlossenheit und Mutlosigkeit beschrieben.

Die automatische Reaktion auf diesen Zustand ist normalerweise eine Explosion der Kreativität aus dem sozialen Umfeld. Von Außen sieht die Situation ganz anders aus. Unsere Ratschläge und Aufmunterungen werden jedoch vom Gegenüber nicht entsprechend gewürdigt. Zu jedem Vorschlag findet sich ein Argument, warum dieser zwar im allgemeinen eh gut ist – zumindest gut gemeint – in diesem Fall jedoch absolut untauglich. Nach einigen Runden dieses «Pingpongs» werden wir ärgerlich und fangen an zu glauben, dass das Gegenüber im Grunde gar keine Veränderung will.

Die Kreativität, die uns befällt wenn wir versuchen Menschen in diesem Zustand zu beraten, könnte ein Teil derer eigenen sein. Sie ist jedoch irgendwie blockiert und wartet darauf aus ihrer Schwere befreit zu werden. Die Ratsuchenden haben keine Energie, sich neue Möglichkeiten und Alternativen auszumalen. Beim Blick in die Zukunft kommt keine Begeisterung auf und vielleicht ist diese Verweigerung von Zukunftsbildern für den Beginn genau das Richtige: Runterfahren, spüren und wahrnehmen fällt zwar meist schwer, könnte jedoch ein vielversprechender Anfang des Prozesses sein.

Meditierender Alchemist im Zustand der „nigredo“ zu Beginn des Opus

Dieses Bild eines meditierenden Alchemist im Zustand der «nigredo» zu Beginn des Opus hat mich durch den Lockdown begleitet. Aktivität ist nicht immer das Richtige. «Nicht-Tun» ist nicht einfach «Nichts-Tun». Das sehen wir schon daran, dass es in Asien zu einer Kunst verfeinert werden konnte. Falls  jemand noch auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken ist: Mein lokaler Buchhändler hat mir versichert, dass das Buch «Tu, was du wirklich,wirklich willst – Die Alchemie der Berufsnavigation» nach dem Bestelleingang in 3 – 5 Tagen im Laden abgeholt werden kann.

-> Kurzes Video auf Facebook  oder Youtube mit Bildern aus dem Buch

Machen uns Krisen mutiger oder lassen sie uns zaudern?

Coachingerfahrungen in Zeiten von Corona

Während ein Teil meiner KlientInnen angesichts der kritischen Entwicklung am Stellenmarkt sehr vorsichtig geworden ist, wird ein anderer Teil mutiger und geht zielgerichteter mit bisher vernachlässigten Lebensräumen und Veränderungsimpulsen um.
Diese Beobachtung war der Ausgangpunkt eines Beitrages für die European online conference Career guidance and
education in the upsidedown world
.
-> Zum Artikel
-> Im Herbst habe ich auf Xing eine Gruppe zum Thema Lebens- und Berufsnavigation eröffnet. Es geht dabei um die sinnvolle Verbindung von Lifecoaching und Berufsberatung. Der Artikel wurde in Auszügen auch dort gepostet und ich freue mich auf weitere Feedbacks von anderen BeraterInnen.

Warum Tests in der Laufbahnberatung überschätzt werden

 Drei Gründe für ein prozessorientierteres Vorgehen 

Testen, testen, testen ist ein Mantra unserer Zeit. Nein, ich spreche nicht von PCR- oder Antigen-Tests, sondern meine die Neigungs- und Eignungstests in der Berufs- und Laufbahnberatung. Es gibt drei gute Gründe, warum diese überschätzt werden:

1) Statistik und Individuum
In der Forschung macht Statistik Sinn. Aus kleinsten signifikanten Unterschieden können wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden.
Wie sieht es jedoch aus, wenn wir nicht große Gruppen, sondern Einzelpersonen im Blick haben. Woher weiß ich als Individuum, ob mein Resultat tatsächlich einen validen Treffer liefert oder ob ich einer der – je nach Testkonstellation gar nicht so seltenen – statistischen Ausreißer bin?

2) Identifikation mit dem Ergebnis
Nachdem ich auf 120 Fragen mit «Trifft zu» oder «Trifft nicht zu» in verschiedenen Abstufungsgraden geantwortet habe, erhalte ich ein Resultat präsentiert. Der dahinterliegende Algorithmus kenne ich als Laie nicht. Oft wird er auch aus kommerziellen Gründen geheim gehalten. Jetzt komme ich ins Zweifeln: Hätte ich bei der einen oder anderen Frage, bei der ich gezögert habe, anders geantwortet, wäre vielleicht etwas ganz Anderes herausgekommen. Kurz: Ich werde mich wahrscheinlich weniger mit dem Resultat identifizieren, als wenn der Prozess für mich nachvollziehbar gewesen wäre.

3) Prozess- versus Fachberatung
Eine Beratung die Testung ins Zentrum stellt, wird eher als Fachberatung angelegt sein: Man sitzt einer Person gegenüber, die einem sagt, wie man ist und was die sinnvollen nächsten Schritte sind. Viele KlientInnen wünschen sich das auch. Meine Erfahrung zeigt jedoch, dass eine Fachberatung in den meisten Fällen zu kurz greift. In einer beruflichen Neuorientierung brauchen Menschen eine Begleitung, die auf die individuelle Situation und auch auf Bereiche des Lebens eingeht, die sich nicht in psychometrische Raster pressen lässt.

-> Ein Kapitel aus dem Buch «Alchemie der Berufsnavigation» zum Thema

-> Wer sich trotzdem einmal durch eine Reihe gut gemachter Tests arbeiten möchte, kann das hier kostenlos machen.

Ein wichtiger Moment in der Beratung ist erreicht, wenn sich die Erkenntnis einstellt: «Ja das bin ich. Diese Werte, Neigungen und Qualitäten gehören tatsächlich zu mir und werden in meinem Leben auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.» In diesem Augenblick stellt sich automatisch die Frage: «Wenn das wirklich so ist, welche Konsequenz hat das jetzt für meine nächsten Schritte?»

Statt einem neuen Testinstrument, habe ich daher mit dem WORKNAVIGATOR ein Reflexions-Tool geschaffen. Mit abwechslungsreichen, spielerischen Schritten, nähert man sich den oben erwähnten Fragen und findet im besten Fall gültige und bewegende Antworten.

Feedbacks zum Worknavigator:

 Die Beschäftigung mit dem WORKNAVIGATOR war zwar enorm intensiv aber auch super spannend!

Der WORKNAVIGATOR gefällt mir wirklich gut. Es macht Spaß, so ins Thema einzusteigen.

Hier hast du die Möglichkeit, gründliche Erkundung in Berufssachen betreiben zu können und mehr und besser bei dir zu sein, für mehr Zufriedenheit und Gestaltungsklarheit.

Mir gefällt der Ansatz und die Philosophie hinter dem WORKNAVIGATOR. Die Arbeit bleibt immer auf Augenhöhe.

Die Kombination von verschiedenen Fragestellungen plus Coach-Feedback finde ich super. Ich konnte in Ruhe die Punkte durcharbeiten und erhielt dabei einige wertvolle Einsichten. Außerdem hatte ich immer Hilfe, wenn ich irgendwo nicht weiterkam oder technische Hilfe benötigte. Für mich war der WORKNAVIGATOR eine in jeglicher Hinsicht lohnenswerte Investition.

-> Zukunft schenken: Der WORKNAVIGATOR als Weihnachtsgeschenk

Natürlich konnte ich es nicht ganz lassen, auch in den WORKNAVIGATOR ein paar Tests zu integrieren. Kostenlos gibt es einen Einstiegstest, mit dem die persönliche Veränderungsbereitschaft abgeschätzt werden kann.

 Cooler Test! … ich habe ihn aus Neugierde gleich zweimal durchlaufen, beim zweiten Mal in einer anderen inneren Stimmung als in der ersten Runde, so dass die Antworten von der Gewichtung her zum Teil anders ausfielen, trotzdem blieb die Grundlinie offensichtlich eindeutig, das Ergebnis dasselbe. Fand ich spannend! Und das Ergebnis sehr passend.

Mein ganz persönlicher Weihnachtswunsch

 Wie Wünsche ans Universum auf fruchtbaren Boden fallen

Vorstellungen von zukünftigen Projekten, sollten wir eher für uns behalten. Es gibt Untersuchen, die vermuten lassen, dass wir Projektideen, von denen wir zu oft Reden, seltener umsetzen. Ganz einfach darum, weil uns das Reden darüber schon so befriedigt, dass die Energie für die Umsetzung am Ende fehlt.

Viele gehen davon aus, dass wir auch unsere Wünsche geheim halten sollten. Wir schicken sie «ans Universum» und hoffen, dass eine geheime Instanz es dann schon richten wird. Manchmal klappt das auch. Sinnvoller ist es jedoch, unserer Umfeld wissen zu lassen, wenn wir uns z.B. beruflich verändern wollen. Viele Stellenbesetzungen gehen auf persönlich Bekanntschaften und Empfehlungen zurück. Aber wie kann dieses kraftvolle Netzwerk aktiv werden, wenn niemand weiß, was wir wirklich, wirklich wollen.

Auch ich hege seit einiger Zeit so einen Wunsch: Ich würde gerne wieder Sommerkurse anbieten. Zwei bis drei Wochen an einem schönen Ort verbringen und Feriengruppen für ein paar Stunden pro Tag zum Thema «Lebensziel, Berufung und Beruf» begleiten, ist etwas, was ich nicht nur gut kann, sondern auch sehr gerne mache. Zum selber organisieren fehlt mir jedoch die Zeit und daher sende ich den Wunsch zu Weihnachten «ans Universum» oder eben doch besser «ans Netzwerk» was hiermit getan wäre.